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Blaupunkt Auto SuperNehmen Sie doch einmal Ihr Smartphone in die Hand und schätzen Sie, welches Gewicht es wohl auf die Waage bringen würde. 130 bis 140 Gramm sind realistisch. Das entspricht ungefähr dem Gegengewicht von sieben Standardbriefen. Unvorstellbar, dass das erste Autoradio mit sage und schreibe 15.000 Gramm daher kam. Über einen Leistungsvergleich beider Geräte muss man nicht wirklich nachdenken, denn diese Kurve verläuft deutlich in gegensätzlicher Richtung.

Dennoch ist die Geschichte von Hans-Jürgen Krug, die jetzt auf Telepolis veröffentlich wurde, einen Moment des Innehaltens wert. Führen wir uns vor Augen, welche Entwicklung vom ersten Autoradio und dessen Nutzen bis heute stattgefunden hat, so stellen wir wieder einmal fest, dass die technische Evolution unsere eigene längst überholt hat.

Trotz – oder gerade wegen – dieser gewaltigen Schritte, die uns die Entwicklung multimedialer Informations-, Kommunikations- und Entertainmenttechnologie zu bieten hat, ist das Radio im Auto noch lange nicht aus unseren Köpfen und unserem Nutzungsverhalten gewichen. Wenngleich auch häufig darüber diskutiert wird, was am und im Radio alles nervt, so kehrt die Mehrheit der Abweichler doch irgendwann zum „klassischen“ Radio zurück. Und das hat vor allen Dingen psychologische Gründe. So spannend es auch sein mag, sich sein eigenes Unterhaltungsprogramm zu gestalten, so sehr sind und bleiben wir Menschen, die es lieben und brauchen, angesprochen und überrascht zu werden.

Die Gereifteren unter uns werden sich erinnern, wie wir vor dreißig, vierzig Jahren aufbegehrten gegen das „Establishment“. Die ersten Kassetten-Autoradios mit Autoreverse-Funktion* waren endlich erschwinglich und wurden in den dafür vorgesehenen Schächten unserer blechgewordenen Freiheit installiert. Zuhause mixten wir selbst die präferierte Musik auf die Kassetten. Und – oh Jubel – bald schon wurden die ersten C120 und mitunter sogar C180** Kassetten im Handel angeboten. Mit einem eigens dafür vorgesehenen Köfferchen und zwanzig dieser Bänder ging es dann ins Auto und ab nach Spanien.

Immerhin auf den Verkehrsfunk wollten wir nicht verzichten, weshalb die ARI-Taste selbstverständlich aktiviert wurde. So gondelten wir Revoluzzer ein paar Jahre lang durch die Gegend und erklärten das Radio für tot. Doch auch diese neue Liebe verlor irgendwann ihre Süße und immer seltener wurde die C120 in den Schacht gedrückt. Viel größer war doch das Überraschungsmoment, wenn im Radio unerwartet ein Song gespielt wurde, den wir schon ewig nicht mehr gehört hatten. Und auch das „Geschwafel“ im Radio, das wir gleichsetzten mit den Schulmeistereien unserer Eltern und Lehrer, wurde irgendwann zum akustischen Sehnsuchtsort. Allein im Auto auf der Landstraße, war es doch irgendwann ein gutes Gefühl, von jemandem angesprochen zu werden und etwas erzählt zu bekommen, das man nicht vorher selbst aufgenommen hatte.

Und genau so ist es noch immer. Wir sind eben noch immer Menschen und wir brauchen diesen schützenden Kokon – selbst, wenn er aus dem Autoradio kommt und in Zukunft mit anderen Medien kooperieren muss.

 

*Autoreverse Kassettenspieler machten es erstmals überflüssig, eine Audio-Kassette nach dem Abspielen einer Bandseite umzudrehen, um die Rückseite anzuhören.

**Spielzeit der Kassetten, 2 x 60 Minuten bzw. 2 x 90 Minuten.